Kanzlei Brauck-Hunger

Regenbogenfamilien und Erbrecht

Die Regenbogenfamilie ist auch im Erbrecht so bunt wie ihr Name.

Gemeinsam ist allen, dass die Eltern, bei denen die Kinder aufwachsen, in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft leben. Damit hören die Gemeinsamkeiten aber auch schon auf.

Die Eltern können in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft leben, verheiratet sein oder nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz verpartnert. Die Kinder können Kinder aus vorangegangenen Partnerschaften sein, Pflegekinder, Stiefkinder oder Adoptivkinder – oder eine Mischung von allem.

Familie mit Kindern aus vorangegangenen Partnerschaften

Gehen wir von einer Familie aus, bei denen der Elternteil 1 eine Tochter, der Elternteil 2 einen Sohn mit in die Ehe oder die Lebenspartnerschaft mitbringt. Nennen wir die Elternteile Peter und Klaus. Peter bringt seine Tochter Paula mit in die Ehe, Klaus seinen Sohn Konstantin.

Die Elternteile sind verheiratet bzw. nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz verpartnert.

Das Vermögen der Elternteile verteilt sich unterschiedlich, je nachdem, ob der (Stief-) Elternteil 1, also Peter oder der (Stief-) Elternteil 2, also Klaus zuerst verstirbt. Hat Peter ein Haus, erbt der überlebende Ehegatte/Lebenspartner 50 % vom Haus und die leibliche Tochter Paula von Peter ebenfalls 50 % vom Haus. Stirbt später Klaus, erbt dessen leiblicher Sohn Konstantin sein Vermögen. Dazu gehört dann auch die geerbte Haushälfte, die ursprünglich Peter gehörte. Die Stieftochter Paula erhält beim Tod von Klaus, also des Stiefelternteils 2 nichts. Wäre zuerst Klaus 1gestorben, hätte die Tochter das gesamte Haus ihres Vaters Peter allein geerbt sowie die Hälfte des Vermögens von Klaus.

Die Höhe des geerbten Vermögens ist für die Kinder vom Zufall abhängig, wer zuerst verstirbt: Der leibliche Elternteil des einseitigen Kindes oder der Stiefelternteil. Die Kinder des länger Lebenden sind klar bevorzugt. Zudem geht so ein Teil des Vermögens des erstversterbenden Lebenspartners an die einseitigen Kinder des überlebenden Lebenspartners.

Diese Folgen sind nicht immer so gewollt. Hier hilft ein geschickt gestaltetes Testament.

Die Elternteile leben in einer unehelichen Lebensgemeinschaft

Noch schwieriger wird es, wenn die Elternteile in unserer Beispielsfamilie weder verheiratet sind noch in der gesetzlichen Lebenspartnerschaft leben. Dann erbt die Tochter Paula alles, so z.B. das Haus, in dem die Familie lebt. Die Tochter Paula kann vom überlebenden Elternteil 2, also Klaus verlangen, dass er aus dem Haus auszieht.

Auch dies kann durch geschickte Regelungen im Testament verhindert werden. Nur ein Beispiel: Dem Partner kann ein Wohnrecht vermacht werden. Dann erhält das eigene Kind zwar das Haus, der Partner kann dies aber weiterhin bewohnen.

Vermögensverwaltung durch den Ex-Partner

Auch die Ex-Ehefrau/-/ Partnerin des verstorbenen Elternteils Paul, und damit der leibliche Elternteil der Tochter hat im Regelfall das Recht, das von seinem leiblichen minderjährigen Kind ererbte Vermögen zu verwalten. Auch dies ist oftmals nicht gewünscht. Denn der Elternteil 2, also in diesem Fall Klaus muss sich mit der Ex über die Verteilung des Vermögens auseinandersetzen. Auch das kann vermieden werden. Im Testament wird ein Testamentsvollstrecker eingesetzt, der das Erbe des Kindes verwaltet. Dies kann auch der neue Partner, also Klaus sein. Dann darf die Ex-Ehefrau/-/ Partnerin das Erbe des Kindes nicht mehr verwalten.

Auch wichtig: Die Erbschaftssteuer. Stiefkinder sind den leiblichen Kindern gleich gestellt. Sie sind in der günstigen Steuerklasse 1 eingestuft und haben einen Freibetrag von 400000 €.

Fazit: Wer seine Familie absichern und die Verteilung des Vermögens nicht dem Zufall überlassen will, braucht ein sorgfältig gestaltetes Testament.

Familie mit Pflegekindern

Pflegekinder haben gegenüber ihren Pflegeeltern kein Erbrecht. Egal wie lange sie in der Familie leben, wie eng die Bindung zu den Pflegeeltern ist, wenn diese sterben, erben sie nichts.

Sind die Pflegeeltern verheiratet oder leben in der gesetzlichen Lebenspartnerschaft, erben die Elternteile untereinander, beim Tod des zweitversterbenden Elternteils dessen Verwandte. Sind die Pflegeeltern nicht verheiratet/ gesetzlich verpartnert, erben die Eltern der Pflegeltern bzw. deren Geschwister.

Wollen die Pflegeeltern, dass ihre Pflegekinder Teile ihres Vermögens nach ihrem Tod erhalten, können sie dies durch ein Testament erreichen. Wichtig: Da die Pflegekinder nicht mit den Pflegeeltern verwandt sind, gilt für sie die ungünstige Steuerklasse 3 mit einem Freibetrag von nur 20.000 € und einem Steuersatz von 30 %. Zum Vergleich: Leibliche Kinder, Stief- und Adoptivkinder haben einen Freibetrag von 400.000 €. Darüberliegendes Vermögen unterliegt einem nach der Vermögenshöhe gestaffelten Steuersatz von 7 % bis 19 % der Erbschaftsteuer.

Familie mit Adoptivkindern

Gleichgeschlechtlichen Paaren steht die Ehe nach Artikel 8 des Gesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2429) offen. Sie können ab dem 1.10.2017 vor dem Standesamt heiraten. Die Adoption steht verheirateten gleichgeschlechtlichen Paaren rechtlich im gleichen Umfang zu wie jedem verschiedengeschlechtlichen Ehepaar.

Die Lebensverhältnisse einer Regebogenfamilie sind anders als bei einem verschiedengeschlechtlichen Ehepaar. Deshalb in Kürze eine Zusammenfassung der Adoptionsmöglichkeiten angepasst an die jeweilige Lebenssituation.

1. Das Kind wird von einem Ehepartner in die Ehe gebracht

Im Rahmen der Stiefkindadoption können Ehepartner das Kind ihres Ehepartners annehmen. Dies gilt für gleichgeschlechtliche wie verschiedengeschlechtliche Ehen. Diese Möglichkeit steht auch den nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz verpartnerten Ehepaaren offen. Hier ist grundsätzlich die Zustimmung des rechtlichen Vaters/ der rechtlichen Mutter des Kindes erforderlich.

2. Die Eheleute nehmen gemeinsam ein Kind an

Dies können jetzt auch gleichgeschlechtliche Ehepaare. Anders bei nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz verpartnerten Ehepaaren: Hier ist die Adoption nur im Rahmen der Sukzessivadoption möglich: Eine Ehefrau/ ein Ehemann adoptiert das Kind, der andere Ehepartner adoptiert das Kind dann im Rahmen der Stiefkindadoption. Dies ist sogar in einem Termin vor dem Familiengericht möglich.

3. Lesbische Regenbogenfamilie: Das Kind wird in die Ehe hineingeboren

Mutter eines Kindes ist die Frau, die das Kind geboren hat. Bei verschiedengeschlechtlichen Ehen ist der Ehemann automatisch der rechtliche Elternteil des Kindes. Nicht so bei gleichgeschlechtlichen Ehepaaren: Wenn die andere Ehefrau ebenfalls rechtlicher Elternteil werden möchte, muss sie das Kind im Rahmen der Stiefkindadoption adoptieren. Dafür ist grundsätzlich die Zustimmung des leiblichen Vaters erforderlich.

4. Pflegekind

Wird ein Pflegekind in die Familie aufgenommen, kann es von den Pflegeltern adoptiert werden. Hierzu ist grundsätzlich die Zustimmung der leiblichen Eltern notwendig.

Ohne Zustimmung der leiblichen Eltern kann das Kind adoptiert werden, wenn es volljährig ist. Bei der Volljährigenadoption handelt es sich um eine Adoption mit geringer Wirkung als bei der Minderjährigenadoption. Es gibt aber die Möglichkeit das Pflegekind auch als Volljährige mit der Wirkung einer Minderjährigenadoption zu adoptieren. Bei der Minderjährigenadoption ist das Kind einem leiblichen Kind rechtlich gleichgestellt.

Die leiblichen Eltern werden angehört. Ihre Zustimmung ist bei der Adoption eines Volljährigen nicht erforderlich.

5. Wirkung der Adoption auf Erbrecht und Erbschaftsteuer

Adoptiert im Rahmen der Stiefkindadoption ein Ehe-/Lebenspartner das leibliche Kind seines Ehe-/Lebenspartners hat das adoptierte Kind gegenüber seinem Adoptivelternteil die gleiche erbrechtlichen Rechte wie ein leibliches Kind. Das Kind ist also gegenüber beiden Ehe-/Lebenspartnern erbberechtigt und hat auch die Vergünstigungen in der Erbschaftssteuer, also den günstigen Freibetrag von 400.000 € sowie für das darüberliegende Vermögen einen Steuersatz von 7 bis 19 %.

Bei der Einzeladoption eines fremden Kindes durch einen Ehe-/Lebenspartner hat das adoptierte Kind diesem gegenüber die gleichen erbrechtlichen Rechte wie ein leibliches Kind und ist auch in der Erbschaftsteuer einem leiblichen Kind gleichgestellt, hat also den günstigen Freibetrag von 400.000 € sowie einen Steuersatz von 7 bis 19 %. Gegenüber dem anderen Ehe-/Lebenspartner hat es die Stellung eines Stiefkindes. Beim Tod seines Stiefelternteils erbt das Kind nicht. Ausnahme: Der Stiefelternteil hat sein Stiefkind im Testament bedacht. Dann hat das Kind wie bereits oben ausgeführt auch den günstigen Freibetrag von 400.000 € sowie für das darüberliegende Vermögen einen Steuersatz von 7 bis 19 %.

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